Die Trulli, unsere runden Steinhäuser, stürzen weiter ein. Sie zerbröckeln unerbittlich, während die scheußlichen Betonpaläste voll bedrückend gruftähnlicher, schauderhafter Appartements aus dem Boden schießen. Wer weiß, wie viele Trulli-Baumeister es noch gibt. Sicher wenige. Vielleicht ist es inzwischen auch schon zu spät, und es ist keiner mehr übrig, der sich darauf versteht, einen Trullo nach den Regeln dieser uralten Kunst zu bauen.
Thommaso Di Ciaula
Literatur
Dieter Richter
Con gusto
Die kulinarische Geschichte der Italiensehnsucht
Wagenbach Verlag Berlin Salto. 2021
"Widriges Olivenöl, bestialischer Makkaronifraß"
Die kulinarischen Verdikte der Grand Tour
Übelriechend und ungesund. Olivenöl.
Als der Konstanzer Gymnasiallehrer und heute längst vergessene Dichter Otto Kimmig 1896 von seiner Grand Tour nach Italien zurückkommt, ist er begeistert. Kennst Du das Land? Wander- und Wundertage in Italien lautet sein hymnischer Reisebericht, mit dem er sich einreiht in die wachsende Schar der Italienschwärmer, die in den Gründerjahren das Land im Süden bereisten, Goethe im Sinn, den Baedecker in der Hand. Allerdings, so warnt er im Vorwort, Italien entzünde zwar "ein heiliges Feuer der Begeisterung", der Deutsche müssen dort jedoch "sieben Kreuze" auf sich nehmen. Und er beginnt: "Das ist das erste Kreuz, die italienische Küche - zähes Fleisch, schlechte oder keine Butter, Öl und wieder Öl, Knoblauch über Knoblauch."<7p>
Der aus dem badischen Waldshut stammende Autor steht mit seiner Kritik keineswegs allein. Auch Reisenden aus vielleicht weniger geschätzten gastronomischen Regionen des Nordens erschien die italienische Küche über Jahrhunderte hinweg als ungenießbar und gesundheitsschädlich. Keine Rede von gastronomischen Offenbarungen der cucina italiana, gar von figur- und kreislauffreundlicher "Mittelmeerdiät". Im Gegenteil: Nach Italien reisen bedeutete schlecht essen und die Gesundheit aufs Spiel zu setzen - so klingt es fast unisono aus zahllosen Reiseberichten, Tagbüchern und Briefen.
Ingeborg Bachmann
In Apulien
Unter den Olivenbäumen schüttet Licht die Samen aus,
Mohn erscheint und flackert wieder,
fängt das Öl und brennt es nieder,
und das Licht geht nie mehr aus.
Trommeln in den Höhlenstädten trommeln ohne Unterlaß,
weisses Brot und schwarze Lippen,
Kinder in den Futterkrippen
Will der Fliegenschwarm zum Fraß.
Käm die Helle von den Feldern in den Troglodytentag,
könnt der Mohn aus Lampen rauchen,
Schmerz im Schlaf ihn ganz verbrauchen,
bis er nicht mehr brennen mag.
Esel stünden auf trügen Wasserschläuchen übers Land,
Schnüre stickten alle Hände,
Glas und Perlen für die Wände –
Tür im klingenden Gewand.
Die Madonnen stillten Kinder und der Büffel ging’ vorbei,
Rauch im Horn, zur grünen Tränke,
endlich reichten die Geschenke:
Lammblut, Fisch und Schlangenei.
Endlich malmen Steine Früchte, und die Krüge sind
gebrannt.
Öl rinnt offnen Augs herunter,
und der Mohn geht trunken unter,
von Taranteln überrannt.
Aus: Ingeborg Bachmann
Sämtliche Gedichte
Piper Verlag 2002
Erstveröffentlichung in: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken. Stuttgart. Jg. 9, Heft 1, Januar 1955, S. 35
Jede Nation hat ihre Leichen im Keller.
Hier eine spannende Spurensuche in Italien und in Äthiopien.
Francesca Melandri
Alle, außer mir
Aus dem Italienischen von Esther Hansen
Quartbuch. 2018 Wagenbach-Verlag, Berlin
608 Seiten. Gebunden mit Schutzumschlag
Buch 26,– € / E-Book 23,99 €
ISBN 978-3-8031-3296-3
Nun, 2019 ein weiteres Aufklärungsbuch über Italien mit einer aktuellen Einschätzung über die Neuen Rechten von Cinque Stelle und Lega. Ein absolutes Muss für Alle, die Italien verstehen wollen:
Roberto Saviano, Giovanni di Lorenzo
Erklär mir Italien!
Wie kann man ein Land lieben, das einen zur Verzweiflung treibt?
Mario Desiati
Zementfasern
Süditaliener, unter ihnen viele Apulier, arbeiteten im Raum Zürich in einer Asbestfirma und wurden Opfer dieser tödlichen Produktionsweise
aus dem italienischen von Annette Kopetzki
Quartbuch 2012
288 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
19,90
Wagenbach Verlag
Victor J. Willi
Ueberleben auf italienisch
Europaverlag, 1983
“Dies scheint wirklich des Pudels Kern zu sein. Die Italiener wissen um ihr Chaos, wollen es aber im Grunde genommen haben: sie sind Chaosisten, vielleicht die einzigen wirklichen auf der Welt. Auch andere Völker müssen auf dieser Erde mit dem Chaos leben. Doch leiden sie darunter, versuchen es abzuschaffen und sind bei diesem Bemühen früher oder später sogar erfolgreich. Bei den Italienern ist das Lamentieren nicht viel mehr als Rhetorik, häufig vorgetragen in Anwesenheit eines Ausländers, um ihm zu beweisen, dass man ebenfalls eine gute Kinderstube genossen hat und auch die Italiener Menschen sind. Mit ihrem feinen Spürsinn wissen sie, dass die Fremden ihr Land gerade wegen dieser Unordnung ablehnen, ja vielleicht sogar abschreiben und keines Besuches mehr würdigen. So bleibt den Italienern nichts anderes übrig, als sich höchstpersönlich von diesen Zuständen zu distanzieren.
Die Italiener haben aber stichhaltige Gründe, mit dem Chaos in ihrem Lande auf gutem Fuss zu leben. Denn sie lernen von der Wiege bis zur Bahre – neben allem anderen – seine geheimen Vorzüge kennen.”
Victor J. Willi, Kapitel IV Chaoismus oder der Kult der Unordnung
Thomas, Martin / Zimmermann,Claudia
Magisches Apulien - Harenberg die bibliophilen Taschenbücher
Stern, Horst
Mann aus Apulien
Der Klassiker des berühmten Ökologen und Irlandbewohner ist seit Juli 2005 endlich wieder im regulären Buchhandel erhältlich.
ISBN: 3-499-23986-8
Broschiert - 479 Seiten - Rowohlt Verlag
3-Cassetten Edition Mein Friedrich
Autoren aus vier Ländern auf Spurensuche nach dem Staufenkaiser
sdr/swr2 und ag Landesbildstellen
www.swr.de
Pelz, Monika
Apulien/Kalabrien
Polyglott Reiseführer 808
Petra Reski
Von Kamen nach Corleone: Die Mafia in Deutschland (Wahre Geschichten)
Hoffmann und Campe Verlag, 2010
Nicoletta De Rossi
Apulien: MERIAN live! - Mit Kartenatlas im Buch und Extra-Karte zum Herausnehmen [Taschenbuch]
Ein hübscher kleiner Reiseführer, praktische für die Umhängetasche
2013, Travel House Media, München
Birgit Schönau
Circus Italia: Aus dem Inneren der Unterhaltungsdemokratie Gebundene Ausgabe
2011, Berlin Verlag
Deutsche Stadtbibliotheken sortieren dieses Buch schon 2014 aus. Es lohnt sich aber noch immer es zu lesen. Zum Beispiel ihre Homage auf das schöne Apulien.
Birgi Schönau
Calcio: Die Italiener und ihr Fußball Taschenbuch
Kiwi 2005
Angelo Bolaffi
Christine Ammann(Übersetzer), Antje Peter (Übersetzer)
Deutsches Herz: Das Modell Deutschland und die europäische Krise
Klett- Cotta 2014
Eine Lobesschrift auf die Deutschen, ihren vorbildlichen Umgang mit ihrer dunklen Geschichte, ein Hymne auf die modernste Stadt der Welt – Berlin, auf den Pragmatismus der deutschen Kanzlerin und was die Italiener von den Deutschen lernen könnten.
Bolaffi über Romani Prodi, der Schöpfer des Olivenbündnisses: „Der (wahrscheinlich) beste Ministerpräsident Italiens seit 1945“.